Anfang des Jahres verzeichneten Elektroautos bei den Neuzulassungen ein deutliches Plus (LEADERSNET berichtete). Nachdem es im Vorjahr ein kleines Minus gegeben hatte, schien sich das Blatt zuletzt zu wenden. Die höheren Verkaufszahlen lagen aber auch daran, dass viele Hersteller mit der Anmeldung neuer Stromer auf den Beginn des Jahres 2025 warteten, da sie heuer mit hohen Strafzahlungen rechnen mussten, wenn sie zu wenig "emissionsfreie" Fahrzeuge verkaufen. Aber diesbezüglich hat die EU-Kommission mittlerweile zurückgerudert und gibt den Autobauern nun länger Zeit, um die strengen CO₂-Vorgaben für ihre Flotte zu erfüllen. Weiters hängt das Plus bei den Neuzulassungen mit einem größeren Angebot bei günstigeren Modellen zusammen. Für viele Käufer:innen von Elektroautos spielen auch die Steuervorteile eine große Rolle. Doch hier verlieren die Stromer demnächst ein "Zuckerl". Ab 1. April 2025 wird nämlich auch für sie eine motorbezogene Versicherungssteuer fällig. Das ist eine der Maßnahmen der neuen Bundesregierung, mit der das Budgetloch gestopft werden soll, um einem EU-Defizitverfahren zu entgehen. Doch wie viel müssen Besitzer:innen von E-Autos künftig genau bezahlen?
Kritik an komplexer Berechnung
Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Denn die Berechnungsformel, die hier zum Einsatz kommt, ist ziemlich komplex (siehe nächsten Absatz) und hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen vom Eigengewicht des E-Autos, zum anderen von dessen im Zulassungsschein angegebener Leistung. Für letztere gibt es die Vorgabe, dass hier die Dauerleistung zu stehen hat. Laut dem ÖAMTC gab es dabei jedoch sehr vereinzelt Fehleintragungen, bei denen die Spitzenleistung im Zulassungsschein steht. In Hinblick auf die jetzige Steueränderung hat sich der Mobilitätsclub an die betroffenen Hersteller gewandt. "Wir fordern eine umgehende Korrektur der Daten, damit die Konsument:innen nicht aufgrund von Fehleintragungen eine zu hohe Steuer zahlen", so Martin Grasslober, ÖAMTC-Experte für Verkehrswirtschaft.
Die heimische Automobilwirtschaft spricht bei der neuen Steuer gar von einem Bürokratiemonster. "Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung habe die neue Bundesregierung bei ihrem Antreten versprochen, davon sei nach Bekanntwerden der Details zu einer neu eingeführten motorbezogenen Versicherungssteuer nichts zu bemerken", so Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, nach dem Bekanntwerden des entsprechenden Gesetzesentwurfes. "Uns ist klar, dass auch die Automobilwirtschaft etwas zur Budgetsanierung beitragen muss", so Kerle, "deswegen wehren wir uns trotz strengster Klimaschutzvorgaben nicht per se gegen diese neue Steuer. Allerdings wurde die Chance vertan, generell die motorbezogene Versicherungssteuer neu zu denken und zu vereinfachen. Im Gegenteil: es wurden dem bestehenden Gesetz weitere komplexe Berechnungsformeln hinzugefügt. So wird es ab April drei verschiedene Berechnungsformeln geben. Einmal für Verbrenner und 'normale' Hybrid-Modelle, einmal für Plug-in-Hybrid-Modelle und einmal für reine Elektromodelle."
Große Bandbreite
Geht es nach dem Entwurf, wird die motorbezogene Versicherungssteuer bei Elektroautos wie folgt berechnet: Die Dauerleistung eines Elektroautos wird um 45 Kilowatt (kW) verringert. Für die ersten 35 kW bezahlt man 0,25 Euro pro kW. Für die nächsten 25 kW werden 0,35 Euro an Steuer fällig. Und für jedes Kilowatt darüber hinaus müssen 0,45 Euro bezahlt werden. Neben der Leistung wird auch das Gewicht des Fahrzeugs besteuert. Das Fahrzeuggewicht wird dabei um 900 Kilogramm verringert. Für die ersten 500 Kilogramm werden 0,015 Euro pro Kilogramm fällig, für die nächsten 700 Kilogramm muss man 0,030 Euro bezahlen und für jedes Kilogramm, das darüber hinausgeht, sind 0,045 Euro zu bezahlen. Somit muss also nahezu für jedes Auto die Steuer individuell berechnet werden. Denn je nach Ausstattung variiert das Leergewicht selbst bei ident motorisierten Typen teils deutlich.
Darauf weist auch der ÖAMTC hin, der aufgrund der Gesetzesänderung davon ausgeht, dass die Steuer für die Mehrheit der E-Autos bei unter 500 Euro für ein ganzes Jahr liegen wird – wobei die Bandbreite aufgrund der unterschiedlichen eingetragenen Leistungen und Eigengewichte von rund 70 bis über 2.000 Euro reichen dürfte. "Geht man davon aus, dass die Elektromobilität künftig vermehrt auch in den leistungsschwächeren und leichteren Fahrzeugsegmenten ankommt, dürfte die Besteuerung für viele Fahrzeuge eher im unteren Bereich liegen", erläutert Grasslober. Wer einen VW ID.3 Pro mit einer Spitzenleistung von 170 kW (231 PS) und einem Eigengewicht von rund 1.819 kg besitzt, muss ab April 2025 pro Monat rund 26,3 Euro Steuer bezahlen. Im Jahr sind das rund 316 Euro. Wer hier der Formel gemäß nachrechnet, kommt auf einen höheren Wert. Grund ist, dass die Dauerleistung beim ID.3 Pro "nur" 70 kW (95 PS) beträgt und diese für die Berechnung herangezogen wird – die Spitzenleistung (170 kW/231 PS) spielt hier also keine Rolle.
Auf "versicherungsrechner.at" gibt es bereits ein Tool, mit dem die jeweilige Steuerhöhe berechnet werden kann. Hier sind auch einige Beispiele gängiger E-Autos angeführt:
Marke/Modell
|
Leergewicht
|
Dauerleistung
|
Steuer pro Jahr
|
Audi e-tron 55 quattro 300 kW
|
2.664 kg
|
158 kW
|
1.142,76 Euro
|
BMW iX1 xDRIVE30
|
2.085 kg
|
104 kW
|
542,40 Euro
|
BYD Seal
|
2.185 kg
|
145 kW
|
813,90 Euro
|
Cupra Born
|
1.846 kg
|
70 kW
|
325,56 Euro
|
Cupra Tavascan Base 210kW
|
2.180 kg
|
89 kW
|
528,00 Euro
|
Hyundai Inster 49kWh - 115 PS
|
1.335 kg
|
28 kW
|
108,30 Euro
|
Tesla Model 3
|
1.880 kg
|
153 kW
|
732,00 Euro
|
Tesla Model Y LR AWD
|
1.979 kg
|
153 kW
|
767,64 Euro
|
VW ID. Buzz Pure 125 kW
|
2.411 kg
|
70 kW
|
584,94 Euro
|
VW ID.3 Pure 125 kW
|
1.788 kg
|
70 kW
|
304,68 Euro
|
VW ID.5 Pro 210 kW
|
2.152 kg
|
89 kW
|
512,88 Euro
|
VW ID.7 Pro 210 kW
|
2.186 kg
|
89 kW
|
531,24 Euro
|
Škoda Enyaq 85x
|
2.230 kg
|
77 kW
|
508,20 Euro
|
Vor dem Kauf informieren
Konsument:innen sollten sich dem ÖAMTC zufolge jedenfalls schon vor dem Autokauf – neu wie gebraucht, mit oder ohne Elektromotor – über die Höhe der motorbezogenen Versicherungssteuer Gedanken machen. Aufgrund der aktuellen Anpassungen fordert der Mobilitätsclub einmal mehr, die zu zahlenden Steuern schon beim Kauf sichtbar zu machen. "Wenn man sich erst beim Abschluss der Versicherung damit befasst, wie viel man letztlich zahlen muss, ist es zu spät", stellt der Experte klar. Bei bestehenden Verbrennern und Hybriden, die man nicht extern laden kann, gibt es keine Änderungen, allerdings wurde die schon bisher vorgesehene jährliche Erhöhung der Steuer für neuzuzulassende Pkw rechtlich bestätigt. "Kauft man einen neuen Verbrenner, sollte man auf eine moderate Leistung und niedrige CO₂-Emissionen achten, nur so kann man die jährliche Steuer niedrig halten", rät Grasslober.
Günther Kerle führt abschließend noch einen weiteren Kritikpunkt an: "Am meisten verwundert uns aber, dass bei dieser Gelegenheit der Aufschlag für die unterjährige Bezahlung von zehn Prozent auf die errechnete Steuer gleichgeblieben ist. Zehn Prozent Zinsen zu verlangen – da darf man sicher von Wucherzinsen sprechen." Hier treffe es hauptsächlich jene Autobesitzer:innen, die sich eine einmalige Jahresprämie nicht leisten können. Es sei schade, dass bei der umfangreichen Veränderung des betreffenden Gesetzes diese Punkte nicht berücksichtigt wurden, so der Sprecher der österreichischen Automobilimporteure.
Keine NoVA geplant
Wie sich die Einführung der motorbezogenen Versicherungssteuer auf die Verkaufszahlen von Elektroautos auswirken, werden die kommenden Monate zeigen. Klar ist, dass sie dadurch einen Vorteil gegen Verbrennern verlieren. Eine Normverbrauchsabgabe (NoVA) beim Neukauf von Elektroautos soll es aus aktueller Sicht aber auch in Zukunft nicht geben. Dieses "Zuckerl" bleibt den reinen Stromern also (vorerst) erhalten.
www.oeamtc.at
www.automobilimporteure.at
www.versicherungsrechner.at
Kommentar veröffentlichen