Interview Erich Scheiblhofer
"Die erste 100 KW Photovoltaik-Anlage vor 20 Jahren war wie der Flug zum Mond"

Erich Scheiblhofer ist ein internationaler Weinmacher, Weinbaumeister und staatlich geprüfter Winemanager, der seinen Weg in die Eventbranche und Hotellerie gefunden hat. Im LEADERSNET-Interview spricht er u. a. über die aktuellen, neuen Weine, über die Bedeutung von Nachhaltigkeit und über Projekte, die ihn noch reizen würden. 

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Scheiblhofer, Sie haben 2000 das Weingut Ihres Vaters übernommen, der den Betrieb mit der bekannten Rotweinmarke Big John aufbaute. Was hat sich seitdem unter Ihrer Führung getan bzw. verändert?

Erich Scheiblhofer: Ehrlich gesagt hat sich seit 2000 fast alles verändert. Wir haben uns vom kleinen, ambitionierten Newcomer zum Big Player entwickelt. Der Weinbau bildet nach wie vor das Herzstück, aber wir haben unser Angebot konsequent erweitert und eine regelrechte Erlebniswelt aufgebaut, die weit über den klassischen Weinbetrieb hinausgeht. Mit unseren beiden Eventhallen "Hall of Legends" und "City Center", dem Gästehaus "The HangOver" mit 33 Zimmern, dem Restaurant "The Quarter" sowie dem Kletterpark "The Andreasberg" bieten wir vielfältige Möglichkeiten für Veranstaltungen, Genuss und Aktivität. Und ganz besonders am Herzen liegt mir natürlich unser Wein-Wellness-Hotel "Scheiblhofer The Resort". Aber so viel sich auch verändert hat – was geblieben ist, ist unsere gelebte Willkommenskultur. Wir setzen auf echte Gastfreundschaft, Freundlichkeit und Herzlichkeit. Das ist uns wichtiger denn je.

LEADERSNET: Mit einer Nutzfläche von rund 20.000 Quadratmetern zählt Ihr Weingut zu den größten im Burgenland. Welche Weine erfreuen sich bei Ihnen der größten Nachfrage? Und welches Land ist Ihr größter Absatzmarkt?

Scheiblhofer: Neben unserem Heimatmarkt Österreich ist die Schweiz unser wichtigster Absatzmarkt. Dort wie auch international sind es vor allem unsere kräftigen, vollmundigen Rotweine, für die wir sehr bekannt sind. In Österreich beobachten wir eine steigende Nachfrage nach fruchtigen Weißweinen. Der Geschmack der Konsument:innen entwickelt sich spürbar weiter, wird differenzierter – darauf reagieren wir mit einem vielfältigeren Sortiment, das unterschiedlichen Vorlieben gerecht wird.

LEADERSNET: Sie haben aktuell neue Weine im Sortiment: den Cool John und Premium White. Was ist die Besonderheit an ihnen?

Scheiblhofer: Der Premium White ist ein neuer Weißwein-Cuvée, der Chardonnay, Sauvignon Blanc und Gelben Muskateller vereint. Er ist duftig, frisch, trinkfreudig und sehr bekömmlich. Genau der Weißweintyp, der den Nerv der Zeit trifft und sich großer Beliebtheit erfreut. 

Cool John ist unser Versuch, Rotwein vollkommen neu zu denken – leicht, fruchtig und unkompliziert. Ein Wein, der Spaß machen soll, besonders jetzt im Sommer. Eine Rotwein-Cuvée mit fruchtigen Aromen von Kirsche und Weichsel, während am Gaumen Erdbeere und Vanille aufeinandertreffen.  Am besten trinkt man ihn ähnlich wie Weißwein gut gekühlt bei sechs bis acht Grad Celsius. Einzigartig ist auch das thermografische Etikett, das bei der richtigen Trinktemperatur die Farbe von weiß zu blau ändert (Mehr dazu finden Sie hier).

LEADERSNET: Sie zählen aber nicht nur zu den größten Weingütern, sondern verfügen auch über die größte private Photovoltaikanlage des Bundeslandes. Wie kam es zur Entscheidung, auf erneuerbare Energie zu setzen und welche Vorteile – oder auch Nachteile – haben sich daraus für das Weingut ergeben?

Scheiblhofer: Die Nachhaltigkeit steht bei uns über allem! Wir sind als Betrieb von Beginn an nachhaltig zertifiziert und das zieht sich durch alle Bereiche: vom Anbau über die Produktion bis hin zur Architektur, der Betriebsführung und natürlich zur Energieversorgung. Unsere Photovoltaikanlage ist mittlerweile die größte private im Burgenland und ermöglicht uns eine vollkommen energieautarke Weinproduktion. Aber Nachhaltigkeit endet für uns nicht bei der Technik. Genauso wichtig ist der soziale Aspekt – ein freundlicher, wertschätzender Umgang mit unseren Mitarbeitenden, Partner:innen und Gästen.

LEADERSNET: Sie widmen sich inzwischen neben dem Weinanbau auch anderen Projekten in der Gastronomie und Hotellerie. So haben Sie im Mai 2022 das Wellness-Hotel eröffnet. Wie kam es zu diesem Schritt? Und was zeichnet das Hotel aus?

Scheiblhofer: Den Traum vom eigenen Hotel trage ich schon lange in mir. In meinen jungen Jahren war ich mit dem Wein fast in der ganzen Welt. In jedem tollen Hotel nimmst du eine kleine Besonderheit mit nach Hause. Die Vorstellung, mitten in unseren Weingärten in Andau ein 4-Sterne-Superior-Wein-Wellness-Resort zu schaffen, war für mich schon lange mehr als nur ein Wunsch. Es war ein echtes Herzensprojekt. Entstanden ist ein Ort, an dem all das zusammenkommt, was mir besonders wichtig ist: großartige Weine, hochwertige Kulinarik und echte, gelebte Gastfreundschaft.

LEADERSNET: Inwieweit spielt Nachhaltigkeit denn auch bei Ihrem Hotel eine Rolle? Haben Sie spezielle Maßnahmen zum Klimaschutz getroffen?

Scheiblhofer: Nachhaltigkeit war auch beim Bau des Hotels von Anfang an ein zentrales Thema. Ein Neubau gibt viel Spielraum, um Dinge gleich richtigzumachen – das beginnt bei der Wahl der Materialien und reicht bis zur gesamten Energieversorgung. Besonders stolz sind wir auf unser Energiekonzept, das auf einer Kombination aus Wasser-Wasser-Wärmepumpe und Photovoltaik basiert. Damit setzen wir auf eine umweltfreundliche und zukunftsfähige Energieversorgung für den gesamten Betrieb. Aber auch im Alltag achten wir auf viele kleine Dinge – vom ressourcenschonenden Umgang bis hin zur bewussten Auswahl unserer Lieferanten.

LEADERSNET: Können Sie sagen, wie viel das Hotel-Projekt – oder generell die Umstellung auf einen nachhaltigen Betrieb – gekostet hat?

Scheiblhofer: Nachhaltigkeit ist kein Projekt mit Anfang und Ende, sondern ein laufender Prozess. Es braucht Überzeugung und ja, auch ein gewisses Investment. Insgesamt bewegen wir uns mit dem Hotel-Projekt und den umfassenden Umstellungen im Bereich Energie und Umwelt im mittleren achtstelligen Bereich. Aber wir sehen das als Investition in die Zukunft.

LEADERSNET: Und wie einfach war es für Sie, diesen klimabewussten Weg zu gehen? Haben Sie dabei Unterstützung seitens der Politik erfahren?

Scheiblhofer: Der Anfang war alles andere als leicht. Die erste 100 KW PV-Anlage vor 20 Jahren war wie der Flug zum Mond. Wir wurden von Behörde zu Behörde geschickt. Die Technologie war neu, die Behörden hatten keine klaren Vorgaben und niemand fühlte sich wirklich für die Fragen zur Widmung, zum Brandschutz oder zu Genehmigungsverfahren zuständig. Inzwischen ist hier viel passiert und der Mehrwert wurde erkannt. In den letzten Jahren haben wir viel Wohlwollen und Zustimmung erfahren.

LEADERSNET: Haben Sie für den kommenden Sommer – oder generell für das laufende Jahr – besondere Erlebnisse für Ihre Gäste geplant und können uns da einen Ausblick geben?

Scheiblhofer: Eines unserer Highlights wird das "Weinpicknick" am Andreasberg, das im schattigen Wald direkt beim Spielplatz und Kletterpark stattfinden wird. Hierzu holen wir junge Talente der Musik, eine große Grillschale und jede Menge an kühlen Getränken und Wein. Darüber hinaus ist das Weingut natürlich das ganze Jahr über geöffnet – Führungen, Verkostungen oder ein Besuch im Restaurant sind immer eine gute Idee. 

LEADERSNET: Und zu guter Letzt: Gibt es ein Projekt, das Sie persönlich noch reizen würde – etwas, das noch in der Schublade liegt?

Scheiblhofer: Stillstand ist nicht meins. Ich werde wahrscheinlich nie aufhören, neue Ideen zu haben. Das liegt einfach in meiner Natur. Und ja, es gibt noch einige Dinge, die in der Schublade liegen. Was genau, bleibt vorerst mein Geheimnis, ein bisschen Spannung darf ja ruhig bleiben. Außerdem verändert sich auch der Weinmarkt ständig. Geschmäcker entwickeln sich weiter, Trends kommen und gehen. Deshalb lohnt es sich, aufmerksam zu bleiben und sich immer wieder neu auszurichten.

LEADERSNET: Vielen Dank!

www.scheiblhofer.at

Kommentar veröffentlichen

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV

OSZAR »