Am Dienstag versammelten sich beim zweiten Alpen Energieforum im congresspark igls mehr als 250 führende Vertreter:innen aus Industrie, Forschung, Energiewirtschaft, Verwaltung und Politik. Die Teilnehmer:innen waren sich einig, dass Tirol eine Energiewende braucht, die Versorgung sichert, Preise stabilisiert, industrielle Wertschöpfung ermöglicht und dazu gesellschaftlich breite Unterstützung findet. Bei der Gelegenheit wurden dafür auch klare Wege und Forderungen formuliert.
Ohne Infrastruktur keine Energiewende
Ziel der zweiten Auflage des Alpen-Energieforums war es also, konkrete Perspektiven zu entwickeln, wie Tirol den Ausbau seiner Energieinfrastruktur beschleunigen, die Versorgung langfristig sichern und gleichzeitig die industrielle Wettbewerbsfähigkeit erhalten kann.
"Unsere Industrie braucht verlässliche, leistbare und nachhaltig produzierte Energie. Dafür braucht es ein klares Bekenntnis zu allen verfügbaren erneuerbaren Energieformen – mit der Wasserkraft als tragender Säule. Sie ist nicht nur Tirols stabilste Energiequelle, sondern auch die einzige großtechnische Speichertechnologie, die in der Lage ist, die Volatilität von Sonnen- und Windstrom zuverlässig auszugleichen. Genau diese Speicherfähigkeit entscheidet darüber, ob die Energiewende zur Erfolgsgeschichte wird – oder zur Belastungsprobe", sagte IV-Tirol-Präsident Max Kloger, der klarmachte, dass die Energiewende nur gelingen kann, wenn auch die wirtschaftliche Grundlage Tirols – die Industrie – mitgedacht wird.
Speicher, Wasserstoff und Strompreiskompensation
Kloger nutzte die Chance und forderte beim Energieforum nicht nur, dass der Ausbau der Wasserkraft forciert wird, insbesondere der Pumpspeicher, sondern auch den raschen Anschluss Tirols an das geplante österreichweite Wasserstoffnetz: "Wenn wir morgen eine CO₂-freie Industrieproduktion wollen, müssen wir heute in Infrastruktur investieren. Tirol braucht Anschluss an das nationale Wasserstoffnetz – sonst verpassen wir den Anschluss an die grüne Transformation", so Kloger.
Der IV-Tirol-Präsident begrüßte auch die vor Kurzem beschlossene Wiedereinführung der Strompreiskompensation für 2025 und 2026 (LEADERSNET berichtete) als "überfälliges Signal für die Industrie – und einen wichtigen konjunkturellen Impuls. Auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass sie wie in anderen EU-Staaten bis 2030 eingeführt wird". Für Kloger sei jedoch es entscheidend, dass die Umsetzung praxisgerecht erfolge. "Energieintensive Betriebe investieren seit Jahren in Effizienz – diese Leistungen müssen auch rückwirkend anerkannt werden. Was auf keinen Fall passieren darf, ist, dass die dringend notwendige Entlastung gleich wieder durch bürokratische Hürden ausgebremst wird", sagte Kloger.
Gemeinsam Verantwortung übernehmen
Mit Blick auf die gesellschaftliche Debatte rund um neue Energieprojekte rief der IV-Tirol-Präsident dazu auf, Blockaden zu überwinden und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen: "Es geht nicht, dass jede Leitung, jedes Kraftwerk und jedes Speicherprojekt reflexartig bekämpft wird. Wer Ja zur Energiewende sagt, muss auch Ja zur nötigen Infrastruktur sagen. Jetzt ist nicht die Zeit für politische Spielchen oder Grabenkämpfe – jetzt geht es darum, gemeinsam alles zu unternehmen, damit wir die Energieautonomie bis 2050 wirklich erreichen."
Energiepreise entscheiden für Standortsicherheit
Die ökonomische Sicht lieferte Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). "Die Energiewende ist kein Widerspruch zur Wettbewerbsfähigkeit – im Gegenteil: Sie ist ihre Voraussetzung. Aber nur, wenn sie planvoll und effizient gemanagt wird. Wenn wir die Unternehmen mit hohen Energiepreisen, unsicheren Rahmenbedingungen und fehlender Netzinfrastruktur alleinlassen, wandern Wertschöpfung und Jobs ab", so der Experte.
Felbermayr sprach sich für einen marktwirtschaftlich fundierten Rahmen aus: Investitionen in Speichertechnologie, gezielte Effizienzprogramme, der Abbau klimaschädlicher Subventionen – und eine Strompreispolitik, die Anreize erhält, aber Unternehmen nicht überfordert.
Die Klimakrise wartet nicht
Ein weiterer hochkarätiger Gast des Energieforums war der Meteorologe, Autor und Klimaexperte Marcus Wadsak. Er unterstrich die Dringlichkeit entschlossenen Handelns: "2024 war das wärmste Jahr der Messgeschichte – und der Alpenraum erwärmt sich doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. Wenn wir nicht jetzt handeln, handeln wir zu spät." Die Energiewende sei kein rein technisches Projekt, sondern eine gesellschaftliche Herausforderung. "Nur wenn wir ehrlich, faktenbasiert und verständlich über Klimaziele und Maßnahmen sprechen, entsteht Vertrauen. Und nur mit diesem Vertrauen entsteht die Akzeptanz, die es für Infrastrukturprojekte, Förderungen und politische Entscheidungen braucht", so Wadsak.
LEADERSNET war beim Alpen-Energieforum. Einen Eindruck können Sie sich hier machen.
www.tirol.iv.at
Kommentar veröffentlichen